Cannabis auf Rezept in Apotheke: Krankenversicherung übernimmt Kosten

Die Krankenversicherung (privat und gesetzlich) übernimmt Kosten für Cannabis auf Rezept aus der Apotheke. Dass ist jedoch nicht nicht als Freifahrtschein zum „Joint“ aus der Apotheke zu verstehen. Vielmehr gibt es strikte Regeln und Voraussetzungen zum Erhalt von Cannabis bzw. zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

PKV Cannabis

Krankenversicherung mit Kostenübernahme für Cannabis auf Rezept in der Apotheke

Im Januar 2017 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Nachdem nun auch die Zustimmung des Bundesrates vorliegt, dürfen Ärzte ab März 2017 nicht nur Fertigarzneimittel mit Cannabis-Extrakt, sondern auch Zubereitungen und getrocknete Blüten verordnen.

Krankenkassen müssen Kosten für Cannabis aus der Apotheke zahlen

Die Cannabis-Therapie ist eine im Fünften Sozialgesetzbuch geregelte Leistung. Das heißt, die gesetzlichen Krankenkassen müssen für die Kosten aufkommen. Die Kostenübernahme durch die Private Krankenversicherung ist in den Musterbedingungen geregelt.

Allerdings ist vor der erstmaligen Verordnung ein Antrag auf Kostenübernahme erforderlich. Die Krankenversicherung muss darüber innerhalb von drei Wochen, bei Palliativpatienten innerhalb von drei Tagen, entscheiden. Eine Ablehnung ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig.

Gerichtsurteil stärkt Patientenrechte

Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status quo. Bislang mussten Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung des BfArM in den meisten Fällen für die Kosten der Cannabis-Produkte selbst aufkommen. In einem 2016 vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelten Fall rechnete ein schwer an Multipler Sklerose erkrankter Patient Kosten von 200 Euro pro Monat für den Bezug von Cannabis vor.

Er erstritt die Erlaubnis zum Eigenanbau von Medizinalhanf, nachdem seine Klagen auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse abgewiesen worden waren. Der Preis für medizinischen Cannabis liegt bei 15 bis 18 Euro pro Gramm bei einem THC-Gehalt von etwa 22 %. Im Ausland zahlt man rund die Hälfte.

Cannabis Kostenübernahme durch die Private Krankenversicherung PKV

Für privat Krankenversicherte (PKV) richtet sich die Erstattung von Cannabis aus der Apotheke nach den Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009). Danach werden zunächst nur schulmedizinisch überwiegend anerkannte Arzneimittel erstattet, wenn diese ärztlich verordnet und aus einer Apotheke bezogen wurden.

Darüber hinaus zahlt die Private Krankenversicherung aber auch für Therapien, die sich in der Praxis bewährt haben oder die angewendet werden, weil die Schulmedizin keine andere Lösung bietet. Die Neufassung der BtMVV stellt klar, dass Cannabis ärztlich verordnet wird und in der Apotheke erhältlich ist.

Abhängig vom jeweils vereinbarten Versicherungsumfang sind die Kosten für medizinische Cannabis-Produkte also in der PKV grundsätzlich erstattungsfähig. Diese Auffassung vertritt auch der Verband der Privaten Krankenversicherung, der knapp fünfzig Mitgliedsunternehmen vertritt.

Cannabis dient nicht nur der Schmerztherapie

Die meisten Menschen bringen Cannabis-Produkte mit Schmerzlinderung in Verbindung. Die bislang zugelassenen Arzneimittel Sativex und Dronabinol kamen beispielsweise bei chronischen Schmerzen, Nervenschmerzen, spastischen Schmerzen in Verbindung mit Multipler Sklerose sowie in der Palliativmedizin zum Einsatz.

Die wichtigsten Inhaltsstoffe Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) wirken aber nicht nur schmerzlindernd, sondern sie bekämpfen auch Übelkeit, wirken appetitanregend und entzündungshemmend. Krebs- und AIDS-Patienten profitieren von Mitteln auf Cannabis-Basis. Weitere Anwendungsgebiete sind die Reduzierung des Augeninnendrucks bei grünem Star (Glaukom), ADHS, Tourette und Rheuma.

Ausnahmegenehmigung zur Herstellung von Cannabis fällt weg

Bislang erhalten geschätzt 5.000 bis 10.000 Menschen in Deutschland eine Therapie mit Sativex und Dronabinol. Für andere Cannabis-Zubereitungen war eine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erforderlich. Diese wurde von rund 1.600 Patienten beantragt, rund zwei Drittel aller Anträge waren erfolgreich.

Künftig entscheidet nicht mehr das BfArM, sondern allein der Arzt über die Verordnung von Cannabisextrakten oder einzelner Cannabinoide. Die Betäubungsmittverschreibungsverordnung (BtMVV) stellt zudem klar, dass nicht nur Zubereitungen, sondern auch getrocknete Cannabisblüten verschreibungsfähig sind. Innerhalb von dreißig Tagen darf ein Arzt künftig 100 g Cannabis pro Patient verschreiben. Bei Extrakten gilt – wie bisher – eine Höchstgrenze von einem Gramm THC-Gehalt.

Mehr Sicherheit bei Cannabis durch kontrollierte Qualität

Auch wenn die oben erwähnte Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg hatte, bleibt der Eigenanbau von Cannabis grundsätzlich verboten. Nachdem gesetzliche wie private Krankenversicherer die Kosten für in der Regel tragen, besteht auch nicht mehr die Notwendigkeit, die Versorgung aus Kostengründen selbst zu übernehmen.

Von der standardisierten Qualität aus der Apotheke verspricht sich der Gesetzgeber eine bessere Kontrolle über den Gehalt an Cannabinoiden und Cannabidiol, der bei unterschiedlichen Cannabissorten stark schwanken kann. Im Gesetz gibt es dazu jedoch keine konkreten Ausführungen.

Viele Ärzte äußern zudem Zweifel an einer verbesserten Wirksamkeit von Cannabisblüten und anderer aus der Pflanze gewonnener Substanzen gegenüber geprüften und qualitätsgesicherten Fertigarzneimitteln auf Basis von THC und CBD. Hier besteht noch weiterer Forschungsbedarf.

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