Bürgerversicherung Pro Contra: Aus für die Private Krankenversicherung?

Im Jahr der Bundestagswahl 2017 wird eine mögliche Reform der Krankenversicherung in Deutschland wieder zum Thema. Während sich CDU und FDP zum dualen System der gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenversicherung (PKV) bekennen, hat die SPD einen Wechsel zur sogenannten Bürgerversicherung in ihr Wahlprogramm aufgenommen.

Bürgerversicherung PKV GKV

Kommt die Bürgerversicherung schon 2017?

Auch Grüne, die Linken und viele Arbeitnehmerverbände befürworten das in ihren Augen gerechtere Modell. Ist die Bürgerversicherung das Allheilmittel im kränkelnden Gesundheitssystem oder führt kein Weg am dualen Gesundheitssystem aus Private und Gesetzliche Krankenkasse in Deutschland vorbei?

Pro contra oder: die Vorteile und Nachteile der Bürgerversicherung im Überblick und wer die Gewinner und Verlierer sind.

Versicherungspflichtgrenze bedeutet Zwei-Klassen-Medizin

Die Kritik am dualen System der deutschen Krankenversicherung entzündet sich an der Versicherungspflichtgrenze. Eigentlich heißt sie Jahresarbeitsentgeltgrenze, und sie ist eine wichtige Rechengröße der Sozialversicherung. Wer jährlich nicht mehr als 57.200 Euro verdient (Stand 2017), muss sich in der GKV versichern. Nur die Besserverdienenden haben die Wahl zwischen GKV und PKV.

Der Betrag wird jährlich per Verordnung an ein geändertes Einkommensniveau angepasst. Im Ausland ist eine solche Grenze weitgehend unbekannt, und entsprechend kritisch wird die deutsche Regelung auch gesehen. Dabei kommen Reformvorschläge durchaus von zwei Seiten.

Während liberale Kreise ein Wahlrecht zwischen GKV und PKV unabhängig vom Einkommen fordern, sehen Experten darin die Gefahr, dass die Private Krankenversicherung noch stärker als bisher zur günstigen Versicherung für Gesunde wird, während häufig oder chronisch Kranke die GKV belasten. Eine Versicherung für alle würde das Problem beseitigen.

Bürgerversicherung oder Kopfpauschale 2017

Zwei Konzepte könnten zu einer einheitlichen Krankenversicherung in Deutschland führen: Die Kopfpauschale, freundlicher als Gesundheitsprämie bezeichnet, ist ein einheitlicher Betrag, den jeder für seine Krankenversicherung zahlen muss.

Die Überlegung dahinter: Der Aufwand für Krankheitskosten steigt nicht proportional mit dem Einkommen. Im Gegenteil, körperliche Berufsarbeit mit gesundheitlichen Risiken wird meist schlechter bezahlt als geistige Arbeit. Eine für alle gleiche Gesundheitsprämie würde Geringverdiener über Gebühr belasten, während Besserverdienende weniger zahlen müssten als bei einem nach dem Einkommen bemessenen Beitrag.

Es müsste also ein Sozialausgleich aus Steuermitteln stattfinden, aus denen beispielsweise auch die kostenlose Mitversicherung von Kindern finanziert werden könnte.

Bürgerversicherung Beitrag weiterhin abhängig von Einkommenshöhe

Der Beitrag für eine Bürgerversicherung wird dagegen weiterhin als Prozentsatz des Einkommens erhoben. Im Gegensatz zum jetzigen System sehen viele Konzepte die Berücksichtigung aller Einkommensarten vor. Während bislang nur Arbeitnehmer zahlen, würden sich dann auch Menschen am Solidarsystem beteiligen, die Einkommen beispielsweise aus Vermögen oder Mieteinnahmen haben. Auch die Notwendigkeit einer Beitragsbemessungsgrenze, wie sie heute existiert, wird in diesem Zusammenhang diskutiert.

Was für die Bürgerversicherung spricht: die Vorteile

Die Vorteile einer Bürgerversicherung liegen auf der Hand: Durch das gestärkte Solidarprinzip zahlen mehr Menschen ein. Würden weitere Einkommensarten berücksichtigt und die Bemessungsgrenze angehoben oder sogar ganz gestrichen, wäre zumindest kurzfristig eine Beitragssenkung denkbar, was auch die Lohnnebenkosten senkt und sich positiv auf die Beschäftigung auswirkt. Zudem wäre die Finanzierung des Gesundheitswesens nicht so stark von Konjunkturzyklen abhängig.

Das spricht gegen die Bürgerversicherung: die Nachteile

Um die Nachteile einer Bürgerversicherung zu erkennen, muss man sehr viel genauer hinschauen und Modellrechnungen weit in die Zukunft anstellen. Erst dann zeigt sich, dass sich Probleme demografischer Entwicklungen in einem einheitlichen Krankenversicherungssystem verstärken.

Rentner würden zusätzlich belastet, und um eine Generationengerechtigkeit herzustellen, müssten zusätzliche Mechanismen der Umverteilung geschaffen werden. Die Erfassung anderer Einkommensarten bedeutet erheblichen Verwaltungsaufwand und bietet Anreize zur Kapitalflucht ins Ausland. Die kurzfristig positiven Effekte auf Lohnnebenkosten und Arbeitsmarkt würden sich voraussichtlich langfristig ins Gegenteil verkehren.

Gefährdet die Bürgerversicherung den medizinischen Fortschritt in Deutschland?

Viele Experten sehen sogar eine Gefährdung des medizinischen Fortschritts, der heute weitgehend von privat Versicherten und damit von der PKV finanziert wird. Wer also die Bürgerversicherung für das Allheilmittel hält, sollte den Beipackzettel genau lesen: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

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